Ankommen in Larabanga

Am Samstagmorgen, nachdem die Fische bereits gefüttert waren und wir gefrühstückt hatten, kamen die ersten Kinder auf die Farm. An diesem Tag waren es nur zwei Kinder aus dem Dorf und Akeems zwei Söhne, die für ein paar Wochen ebenfalls in Larabanga sind. Akeems Söhne kannten wir bereits flüchtig von den vorherigen Tagen. Sie kannten uns auch schon gut genug, um keine Angst vor uns zu haben und auf unsere Angebote, mit ihnen zu spielen, einzugehen. Die anderen beiden Kinder waren uns fremd und dementsprechend waren sie anfangs sehr schüchtern. Die meisten Kinder werden morgens von den Co-Workern im Dorf mit dem Tricycle der Farm eingesammelt. Zur Ankunft bekommen sie meist einen Tee und ein kleines Frühstück. Als die beiden Kinder aus dem Dorf ihr Frühstück einnahmen, setzten wir uns zu ihnen. Zunächst waren sie sehr schüchtern und wortkarg, aber nach ein paar Minuten und einem Keks als „Nachtisch“ tauten die beiden auf und spielten gemeinsam mit uns und einem der Co-Worker im Hof Fußball. Beim anschließenden Malen erfuhren wir auch ihre Namen und ihr Alter. Die beiden wurden immer zutraulicher und gegen Ende des Vormittags verstanden wir uns alle hervorragend.

Den Nachmittag verbrachten wir gemeinsam mit Hans, Klaus und Akeem in Damongo auf dem Markt. Akeem musste dort einige Besorgungen machen, und auch wir waren alle daran interessiert, den Markt zu erleben. Damongo ist die nächstgrößere Stadt in der Nähe von Larabanga und seit der Teilung der Northern Region in mehrere kleinere Regionen die Hauptstadt der Savannah-Region. Mit dem Auto fährt man ungefähr 15 Minuten von Larabanga nach Damongo. Auf dem Markt angekommen, waren wir anfangs etwas überfordert von der Menge der Menschen, die sich dort tummelten. Es wurden verschiedenste Güter angeboten und auch die Verkaufstaktiken variierten. Manche Leute liefen herum und verkauften Waren, die sie auf dem Kopf trugen, andere hatten ihre Güter in Schubkarren vor sich, wieder andere hatten Stände auf Tüchern und Planen, die auf dem Boden lagen. Einige hatten sogar kleine Hütten oder Läden, die nach vorne hin offen waren, wie Garagen. Zu Beginn waren wir eingeschüchtert und wussten nicht genau, wie wir uns verhalten sollten, um nicht negativ aufzufallen, unsere Wertsachen zu verlieren oder vor ein Motorrad zu laufen, von denen einige durch die Menge fuhren. Da war es sehr hilfreich, dass Akeem uns begleitete und den Weg durch die Menschenmassen bahnte. Nachdem Akeem alle Besorgungen erledigt hatte, konnten auch wir einige Dinge einkaufen. Wir waren vor allem an regionalen Lebensmitteln interessiert und kauften Ananas, Papayas, ein paar frittierte Teigbälle und Bananen.

Wieder auf der Farm angekommen, stand das Einpflanzen der von Hans mitgebrachten Weinreben an. Als kleines Experiment sollten zehn Stück gepflanzt werden. Gemeinsam mit Yussif, einem der Co-Worker, wurden Löcher gegraben, in die am darauffolgenden Tag die Weinreben eingesetzt wurden. Die Hoffnung ist, dass der Wein hier gut wächst, da die Wurzeln der Pflanzen bis zu fünf Meter tief in die Erde reichen.

Am Samstagabend ging es zum Abendessen ins Mole Motel, wo Klaus und Hans für eine Woche untergebracht waren. Das Mole Motel befindet sich direkt im Mole-Nationalpark, dem größten Nationalpark Ghanas. Dementsprechend atemberaubend war der Sonnenuntergang, den wir dort bestaunen durften. Apropos Sonnenuntergang: Die Sonne geht hier schon um 18 Uhr unter und dafür auch bereits gegen 5 Uhr wieder auf.

Am Sonntagmorgen hieß es zunächst nur, einen der beiden Fischteiche zu füttern, da aus dem anderen gerade das Wasser abgelassen wurde. Das passiert alle paar Tage, weil es keine andere Möglichkeit gibt, das Wasser sauber zu halten. Wir waren etwas überrascht, als Akeem uns erzählte, dass die Fische einige Stunden ohne viel Wasser überleben, aber es scheint zu stimmen.

Gegen 10 Uhr kamen dann das erste Mal die Kinder auf die Farm. Akeem kündigte uns 20 bis 25 Kinder im Alter von etwa 10 bis 14 Jahren an und dementsprechend hatten wir unser Tagesprogramm vorbereitet. Tatsächlich kamen jedoch etwa 40 Kinder im Alter zwischen 2 und 15 Jahren. Man kann sich also vorstellen, dass wir das geplante Programm nicht wie erwartet umsetzen konnten. Das war aber nicht schlimm, denn mit Fußballspielen, dem einen oder anderen Tanzspiel und Snacks zwischendurch konnten wir die Kinder dennoch gut beschäftigen.

Akeem berichtete uns, dass es für die Organisation eine schwierige Situation darstellt, am Wochenende tatsächlich „nur“ die bedürftigen Kinder auf die Farm zu bringen. Er erklärte uns, dass viele Eltern ihre Kinder ebenfalls mitschicken oder sie eigenständig zur Farm laufen lassen, wenn die Mitarbeiter durch Larabanga fahren, um die Kinder abzuholen. Dieses Dilemma konnten wir gut nachvollziehen, denn einerseits möchten die Mitarbeiter keine Kinder wegschicken, andererseits erschwert die größere Gruppe die Arbeit erheblich.

Die Tatsache, dass fast doppelt so viele Kinder wie erwartet kamen, führte dazu, dass die eingeplanten Getränke und Snacks nicht für alle ausreichten. Außerdem verursachte die große Gruppe einen hohen Geräuschpegel und viel Gewusel im Hof. Da der Hof in dieser Woche von drei Arbeitern gepflastert wurde und diese mit Steinen und Schubkarren hantierten, beschwerten sie sich über den Lärm und das Getobe. Deshalb mussten wir das Programm bereits am Mittag abbrechen und alle Kinder wurden nach Hause gefahren oder gingen eigenständig zurück. Obwohl wir im ersten Moment etwas enttäuscht waren, dass der erste Tag mit den Kindern anders verlief, als wir es uns vorgestellt hatten, hatten wir dennoch eine schöne Zeit und sind zuversichtlich, dass wir uns nun besser vorbereiten können.

Der restliche Sonntag verlief eher ruhig. Am Nachmittag brachte uns Akeem eine Fischsuppe, die er aus den Welsen der Farm zubereitet hatte. Die Suppe war wirklich lecker und mit dem Wissen, dass nicht nur der Fisch, sondern auch das Gemüse aus der Suppe von der Farm stammte, schmeckte alles doppelt so gut.

Am Montag fuhr Akeem mit uns beiden ins Mole Motel, wo wir Klaus und Hans trafen, um den einen oder anderen Papierkram für das Projekt zu erledigen. Kurz nach der Einfahrt in den Nationalpark, sahen wir einige Affen, die am Straßenrand saßen. Bis mittags arbeiteten wir fleißig und konnten uns dann noch mit der schönen Aussicht auf den Mole-Nationalpark belohnen. Akeem brachte dem Chef des Mole Motels außerdem eine ganze Tüte „green pepper“ mit, also kleine grüne Paprika, um ihm anzubieten, die auf der Farm angebauten Paprika an das Mole Motel zu verkaufen. Um das vorwegzunehmen: Sie kamen gut an, denn als wir am Dienstagabend im Mole Motel zu Abend aßen, fanden wir einige von Akeems Paprika in unserem Essen.

Am Dienstag stand ein Termin in Damongo mit dem katholischen Pfarrer der Diözese Damongo an. Das Treffen hatten Akeem und Klaus arrangiert, da die katholische Gemeinde ein ähnliches Projekt plant, das jedoch noch in den Anfängen steckt. Der Pfarrer und sein Kollege, der für den landwirtschaftlichen Teil der Gemeinde zuständig ist, empfingen uns sehr freundlich in seinem Büro. Der Pfarrer erklärte uns, dass sie eine Fläche von 140 Acres (etwa 52 Hektar) für die landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung haben. Der Unterschied zu dem Projekt, in dem wir tätig sind, besteht vor allem darin, dass sie die Fläche nutzen wollen, um junge Landwirte zu schulen und in Zukunft auch Tiere zu halten. Im Anschluss an das Gespräch fuhren wir zu dem Gelände, auf dem bisher „nur“ Chilis, Karotten, Paprika und Kohl angebaut werden. „Nur“ bezieht sich darauf, dass bisher lediglich 3 der 52 Hektar genutzt werden. Die restliche Fläche wird, bis das Projekt mehr Fahrt aufnimmt, von externen Bauern genutzt, die dort vor allem Mais anbauen.

Zum Abendessen ging es wieder ins Mole Motel, da Klaus und Hans ihren letzten Abend in Larabanga verbrachten. Vor dem Abendessen sprangen wir noch einmal in den Pool des Motels, wo wir zwei Studentinnen aus Deutschland kennenlernten, die – wie es der Zufall wollte – ebenfalls aus Darmstadt kamen und beide Soziale Arbeit studieren.

Am Mittwochmorgen besuchte uns ein Mitarbeiter eines Düngemittelkonzerns, der einen Workshop zum Thema Düngung und Ertragsoptimierung leitete. Rund 1,5 Stunden erklärte er uns und einer Gruppe von Co-Workern sowie Teilnehmer*innen aus Larabanga, worauf es dabei ankommt. Nach dem Workshop verabschiedeten wir Klaus und Hans, die ihren Heimflug antraten. Am Nachmittag stand dann für uns zum ersten Mal Wäschewaschen auf dem Programm – hier per Hand, was sich als eine nachmittagsfüllende Aufgabe herausstellte.

Den Donnerstagvormittag verbrachten wir mit Safura, einer Freundin von Akeem, auf dem Markt in Damongo. Wir kauften sowohl private Vorräte als auch Dinge für unser Wochenendprogramm mit den Kindern ein. Safura, die selbst in Damongo lebt, zeigte uns außerdem ihr Zuhause. Es war interessant zu sehen, wie die Einheimischen leben – einfach, aber gemütlich.

Am letzten Tag unserer zweiten Woche in Ghana bauten wir eine Rankhilfe für die Weinstöcke, die Hans mitgebracht hatte, damit sie am Zaun emporwachsen können. Wir sägten Holz, befestigten es mit Draht am Zaun und gossen fleißig, da die Sonne in den letzten Tagen stark geschienen hatte.

Gegen Mittag begann es heftig zu regnen und es donnerte und blitzte sogar. Der Regen tat der Natur natürlich gut, aber wir verbrachten den Rest des Tages überwiegend drinnen und bereiteten das Wochenendprogramm vor.

Highlight der Woche

Unser Highlight der zweiten Woche mag vielleicht wie eine Kleinigkeit erscheinen, doch für uns war es der erneute Besuch auf dem Markt in Damogno mit Safura. Im Vergleich zu unserem ersten Besuch fühlten wir uns beim zweiten Mal deutlich sicherer und bewegten uns mit mehr Selbstverständlichkeit über den Markt. Schon die Anreise lief dieses Mal anders ab: Anstatt wie beim letzten Mal mit einem gemieteten Auto hinzufahren, nutzten wir ein Ruftaxi, das hier auch von vielen Einheimischen verwendet wird. Wir drei teilten uns den Fünfsitzer natürlich gerne mit drei weiteren Passagieren – und einem Huhn. 😉

Unter der Woche ist der Markt etwas kleiner, wodurch wir uns besser orientieren konnten. Safura führte uns gezielt zu einigen Ständen, die wir beim ersten Besuch übersehen hatten. So konnten wir alle Materialien besorgen, die wir für unser Programm mit den Kindern am Wochenende brauchten. Auch mit der örtlichen Währung, dem „Cedi“, fühlen wir uns mittlerweile immer sicherer.

Unser Gastgeber Akeem machte uns jedoch darauf aufmerksam, dass wir als Touristen oft etwas mehr bezahlen müssen. Er empfindet das als ungerecht und kann nicht nachvollziehen, warum jemand nur aufgrund der Sprachbarriere einen höheren Preis zahlen soll. Akeem erzählte uns, dass es ihm selbst in anderen afrikanischen Ländern genauso ergeht, wenn er die Sprache nicht spricht, und dass er dies ebenfalls als unfair empfindet. Wir sind in dieser Hinsicht etwas zwiegespalten: Einerseits fühlt es sich seltsam an, zu wissen, dass man mehr zahlt als andere, andererseits sind wir uns unserer privilegierten Situation durchaus bewusst.